Ihr seid das Salz der Erde

Predigt in Mariastein am 2. September zu Mt 5,13-16

«Ihr seid das Salz der Erde», dürfen wir uns von Jesus sagen lassen. Dafür müssen wir nichts tun; es ist ein einfacher Aussagesatz, ein Zuspruch Jesu an uns. Es gehört zu unserem Wesen Salz zu sein. Gestaunt habe ich, als mir dies so richtig bewusst wurde. Gerne definieren wir unser Christsein über unser Tun und Wirken. Doch wie seinen Jüngern sagt Jesus auch zu uns «Ihr seid das Salz der Erde». Ganz einfach. Gerne denke ich dabei an die Taufe, die mir auch geschenkt wurde – ohne Vorleistungen.

Doch was heisst Salz sein? Letzthin durfte ich für eine Einladung kochen. Seit einem Jahr haben wir im Kloster zum Mitleben in Rapperswil einen Reiskocher. Der erleichtert dem Koch seine Arbeit sehr. Eine knappe Stunde vor dem Essen gibt man die richtigen Mengen von Wasser, Reis und Salz in den Kocher; stellt das Gerät an und kann zum richtigen Zeitpunkt feinen und vor allem heissen Reis servieren. Der Koch kann sich in Ruhe dem Gemüse und dem Fleisch widmen.

Beim Kochen und Servieren sieht man mit dem Auge nicht, ob das Gericht gesalzen ist oder eben nicht. Salz gibt dem Gericht weder Volumen noch Farbe. Es ist visuell unscheinbar. Wenn Jesus zu uns sagt, «Ihr seid das Salz der Erde», dann geht es nicht darum, sich am Äusserlichen zu orientieren. Er sagt nicht, ihr seid Bundesrat, Manager oder kirchlicher Würdenträger. Wir müssen auf eine andere Dimension achten. Es geht nicht um meinen Beruf und mein Tun, mein Wirken, meine Funktionen, sondern darum, im Leben «salzig» zu sein.

«Ihr seid das Salz der Erde». Ein Zweites: Der Reiskocher hat eine Gefahr: man vergisst gerne das Salz. Bei der oben erwähnten Einladung wurde mein Essen gerühmt und genossen. Vis-à-vis von mir sass Eve Landis, ein guter Koch, die auch schon Kochbücher geschrieben hat. Sie nahm ein wenig Reis ohne Sauce und stellte fest, dass der Reis nicht gesalzen ist. Und sie hatte recht. Doch nur wer die Sauce wegliess, konnte merken, dass der Reis nicht gesalzen war.

Es muss nicht immer dasselbe gesalzen sein. Bei uns in der Schweiz ist beispielsweise das Brot gesalzen und nicht der Käse oder das Fleisch; in Italien ist zumeist der Käse und im Elsass die Butter gesalzen. Salz-Kulturen unterscheiden sich also und sie verändern sich auch. Im Dampfgarer wird heutzutage Gemüse oft sehr wenig gesalzen. Vielleicht gibt es heute in der Religion wie beim Kochen ein eher bewusstes, aber weniger Salzen. Dezente religiöse Ausdrucksformen werden den pompösen vorgezogen. Besonders frommes Getue eckt an und wird nicht mit besonderer Heiligkeit in Verbindung gebracht.

Interessanterweise ist es beim Kochen schlimmer zu viel Salz zu geben, denn gar nicht zu salzen. Versalzenes Essen ist ungeniessbar. Ein wenig Salz schmeckt gut und verbessert den Geschmack, zu viel Salz ist scheusslich und ungeniessbar. Für unser christliches Leben heisst das, dass wir unser Salz Sein, unseren Glauben und unsere christlichen Überzeugungen sehr bewusst und glaubwürdig leben sollten. Die Welt soll und will ja nicht versalzen werden!

Der Heilige Franz von Assisi hatte seinen Brüdern, die in muslimischen Ländern leben, geraten, dass sie zwar christlich und in Liebe leben sollen, aber erst dann von ihrem Glauben Auskunft geben, wenn sie explizit danach gefragt werden. Wenn ich heute in die ehemaligen Missionen der Kapuziner zum Beispiel in Tansania reise, dann sehe ich da Kirchen und lebendige „Kleine Kirchliche Gemeinschaften“, merke aber auch, dass die Menschen von der Bildungsarbeit der Brüder oder von der Sozial- und Gesundheitsarbeit der Schwestern zuerst angesprochen wurden, und erst dann von ihrer christlichen Religion. Ich kann mich nicht erinnern, dass da je von einem grossen Prediger oder Glaubensverkünder erzählt wurde. Eher von strengen Lehrern, guten Handwerkern und weisen Krankenschwestern – überzeugende und glaubwürdige Menschen also.

Aktuell und akzentuiert haben wir das Programm für ein salzig bleiben in der Lesung im Buch Jesaja gehört: «Wenn du der Unterdrückung bei dir ein Ende machst, auf keinem mit dem Finger zeigst und niemand verleumdest, dem Hungrigen dein Brot reichst und den Darbenden satt machst, dann geht im Dunkel dein Licht auf, und deine Finsternis wird hell wie der Mittag.»

Salz seid ihr, aber verliert den Geschmack des Salzes nicht! sagt uns Jesus im Evangelium. Heute haben viele Christen den Eindruck, dass ihre Kirchen mit den Füssen getreten werden. In Bad News wie Pädophilen Skandale sind wir zwar medial präsent, werden darin aber nicht als Salz der Erde wahrgenommen. Vielleicht müssen wir als Christen und Christinnen sowie als Kirchen uns fragen, ob wir für die Anderen den Geschmack verloren haben? Warum sind wir nicht das Salz der Erde? Pointiert könnten wir uns fragen, wie verliert man am schnellsten den Geschmack des Salz-Seins? Auf diese Frage bekomme ich bei Jesus von Nazareth sowie bei Franz von Assisi ähnliche Antworten.

Jesus selber hat nach den synoptischen Evangelien bei Beginn seines Wirkens drei Versuchungen zu widerstehen. Matthäus und Lukas formulieren diese aus. Es geht 1. um die Versuchung auf Materielles und nicht auf Gott zu vertrauen. 2. geht es um das Gegenteil, nämlich nur auf den Glauben und nicht auf die Selbstverantwortung zu bauen. 3. gibt es die Versuchung falsche Götter zu verehren, moderner ausgedrückt, sich einen Gott nach eigenen Bedürfnissen zu gestalten, d.h. zu vergessen, dass Gott anders ist und ein Geheimnis bleibt.

Wie werden wir also wieder salzig, falls wir den Geschmack verloren haben? Wenn wir so leben, dass das Wirken und AndersSein Gottes unser Denken und Handeln prägt, wenn wir eine stillen und lebensfördernden Glauben leben und echt beten, dein Wille geschehe und nicht meiner!

Betrachten wir die Erzählung zur vollkommenen Freude von Franz von Assisi, dann betont der Heilige für uns und seine Zeit vor allem die erste Versuchung aus den Evangelien, indem er uns warnt, auf unser Wissen oder unsere Macht zu bauen. Nein, es geht um eine tragende Gottesbeziehung im Herzen, die uns Widerwärtigkeiten aushalten und überwinden lässt und dem konkreten Leben dient, liebend und aufmerksam den Alltag meistern lässt und unsere Mitmenschen nicht aus dem Blickfeld verliert.

Was heisst nun salzig leben? Das Buch Jesaja formuliert unseren salzigen und christlichen Geschmack handlich und sehr konkret, aber auch etwas fordernder und unangenehmer als uns vielleicht lieb ist?

«Teile an die Hungrigen dein Brot aus, nimm die obdachlosen Armen in dein Haus auf, wenn du einen Nackten siehst, bekleide ihn und entziehe dich nicht deinen Verwandten. Dann wird dein Licht hervorbrechen wie die Morgenröte, und deine Wunden werden schnell vernarben. Deine Gerechtigkeit geht dir voran, die Herrlichkeit des Herrn folgt dir nach.»

Dazu wünsche ich Ihnen und auch mir viel Kraft und Energie. Nicht dass wir unseren Geschmack verlieren.

Amen.

 

Fürbitten

Gott, wir danken dir, dass du uns berufen und zu Salz für die Welt gemacht hast. Wir wollen deinem Geschmack treu bleiben und bitten dich:

Anton Hänggi

Für alle, die Mühe haben, ihren Lebensunterhalt zu sichern,
lass uns offene Augen haben und ihre Mühen unterstützen.

Anton Hänggi

Für alle, denen es verwehrt ist, ihre Fähigkeiten einzusetzen,
schenke uns Aufmerksamkeit und Ideen, sie zu unterstützen.

Marlise Ehrenzeller

Für alle, die unter Einsamkeit und Verlassenheit leiden,
lass uns zu ihnen tragfähige Beziehungen aufbauen.

Marlise Ehrenzeller

Für alle, die missbraucht oder verleumdet werden,
schenke uns Aufmerksamkeit und Gerechtigkeits-Sinn.

Meinrad Gunti

Schenke allen die Bereitschaft, deinen Blick im Antlitz unserer Mitmenschen zu erkennen.

Meinrad Gunti

Für die Teilnehmenden der 78. Dekanatswallfahrt,
dass sie in Dorneck und Thierstein als echte Nachfolger und Nachfolgerinnen Jesu, ein gut sichtbares und hell leuchtendes Licht des Lebens und der Liebe Gottes sind.

So bitten wir, sei bei uns, in unseren Pfarreien des Dekanats Dorneck – Thierstein, bei allen Menschen in der ganzen Welt, damit wir zu einer großen Gemeinschaft zusammenwachsen. Darum bitten wir durch Christus, unsern Freund und Bruder. Amen

 

 

 

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