Gottes Freude Tag für Tag

Predigt vom 15. Juni 2025; Sprüche 8,22-31; Johannes 16,12-15

Liebe Brüder und Schwestern, kennen wir auch die leichten und fröhlichen Seiten in unserer Gottesbeziehung, in unserem Glauben oder ist alles nur mühsam und beschwer? Die „Weisheit“ im Buch der Sprüche entzückt und begeistert mich. Sie sagt: «8,30b Ich war Gottes Freude Tag für Tag / und spielte vor ihm allezeit.31 Ich spielte auf seinem Erdenrund / und meine Freude war es, bei den Menschen zu sein.» Verspielt vor Gott auf der Erde zu wirken und gerne bei den Menschen zu leben, ist der Weisheit Sinnen. Diese Bibelstelle ist mir eine Kraft- und Motivations-Geschichte; dies in einer Zeit, da Glauben und Kirche umstritten und fragwürdig geworden sind; gerne kritisiert werden.

Das im Hebräischen ungewöhnliche Verb für «schaffen» in Vers 22 hat eine eigene Bedeutung. Es geht nicht um Veränderung von schon bestehendem, sondern um gänzlich neu schaffen im nicht innerirdischen Sinn. Dieses «schaffen» ist auf Beziehung fokussiert. Vor allen Geschöpfen wurde die Weisheit von Gott geboren und nicht aus Lehm geformt, wie Adam. Gott im Bild der Mutter gebiert ihre Tochter, die Weisheit. Und diese Tochter spielt vor ihrer Mutter und freut sich mit den Menschen zu sein. Welch eine positive und erleichternde Botschaft für uns Menschen im 21. Jahrhundert. Der Weisheit Leichtigkeit und Verspieltheit wünsche ich mir, wünsche ich uns von ganzem Herzen in unserem Leben. Mit Tochter Weisheit können wir behände und beschwingt vorwärtsgehen.

In meinen Ohren erklingt eine weitere Variante des dreifachen Liebesgebotes: Gottesliebe, Nächsten- wie Selbstliebe als Freude an Gott, Freude an den Menschen wie auch Freude an sich selbst. Und ja, wir dürfen ein Evangelium, ein Euangelion, eine frohe Botschaft verkünden, leben und bezeugen. Die verspielte Weisheit kann uns dazu animieren, spielend, tanzend, froh die Freude zu entdecken, zu leben und zu verkünden. Dies im Angesicht Gottes.

Ich war in den letzten Ferien mit einem solchen verspielten Menschen in der Schlucht der Areuse unterwegs. Behände und verspielt tanzte und sprang sie leicht durch den Regen die dunkle Schlucht hinunter. Ja, man hätte unter dem Regenschirm auch eine finstere Mine machen oder sogar zu Hause am Trockenen bleiben können. Oder besser: Singin‘ in the Rain – Wir singen im Regen, wie es das romantische Musical aus den fünfziger Jahren leicht rüberbringt und meine Jugend aufgeheitert hat. What a Glorius Feeling – welch ein grossartiges Gefühl ist der Untertitel!

Doch auch der erdgetränkte Fluss der Areuse kam mir sehr spielerisch und kreativ entgegen. Gewaltig und fein hat sich die Areuse den Weg durch die Schlucht gebahnt. Da wieder ein Wasserfall, dann zwängt sie sich eng durch den Felsen, später wieder ein recht ruhiges breites Fliessen. Gewaltig und behände. Ich wurde beim Wandern an Gottes Tochter «Weisheit» im Buch der Sprüche erinnert. Staunen und Bewegung war meine Antwort auf die Erfahrung. Franz von Assisi sing im Sonnengesang von Schwester Wasser eine Erfahrung, die ich am Neuenburgersee mit ihm teilen konnte: Gelobt bist du, mein Gott, durch Schwester Wasser, gar nützlich ist sie und demütig und kostbar und rein.

Das heutige Tages-Evangelium ist ernster und tröstend: «13 Wenn aber jener kommt, der Geist der Wahrheit, wird er euch in der ganzen Wahrheit leiten.» (Joh 16,13) Gut, es ist hier nicht die verspielte und glückliche Weisheit, sondern der Geist der Wahrheit, der zu uns Menschen kommt. Aber auch er hat eine mutmachende Verheissung: «Der Geist der Wahrheit wird euch in der ganzen Wahrheit leiten.» Wir dürfen im Vertrauen leben, wir dürfen Staunen und froh sein. Und heute begleitet mich besonders das Buch der Sprüche in diesen Sonntag: «8,30b Ich war Gottes Freude Tag für Tag / und spielte vor ihm allezeit.31 Ich spielte auf seinem Erdenrund / und meine Freude war es, bei den Menschen zu sein.»

Gute Nachricht verkünden

Predigt vom 18. Mai 2025 zu Apostelgeschichte 13

Einleitung: Die Menschen beginnen die Auferstehung Jesu erst nach seinem Tod durch Begegnungen mit dem Auferstandenen zu verstehen. Die vielen Frauen, die ersten Zeuginnen der Auferstehung, gingen vergeblich zum Grab, um Jesu Leichnam zu salben. Das Grab war leer. Langsam bahnen sich Auferstehungs-Erfahrungen ihre Bahn. Das Christentum findet sich.

An den Sonntagen der Osterzeit haben wir nun oft Texte aus der Apostelgeschichte gehört. Die Apostelgeschichte ist das zweite Werk des Lukas, der ein Evangelium und eine nachösterliche Gemeinde-Geschichte geschrieben hat. Zu Beginn des 13. Kapitels der Apostelgeschichte hörten wir, wie Barnabas und Paulus von der Gemeinde ausgeschickt worden sind:

1 Es waren aber in Antiochia in der Gemeinde Propheten und Lehrer, nämlich Barnabas und Simeon, genannt Niger, und Luzius von Kyrene und Manaën, der mit dem Landesfürsten Herodes erzogen worden war, und Saulus. 2 Als sie aber Gottesdienst hielten und fasteten, sprach der Heilige Geist: Sondert mir Barnabas und Saulus zu dem Werk aus, zu dem ich sie berufen habe. 3 Da fasteten sie und beteten und legten ihnen die Hände auf und ließen sie ziehen.

Die heutige Lesung der Apostelgeschichte (14,21b-27) ist der Abschlussbericht dieser ersten grossen Missionsreise des Barnabas und des Paulus von Antiochia aus. Dieser Bericht beschönigt nichts und vermittelt Zuversicht. Ich denke, dass die Erfahrungen von Barnabas und Paulus uns heute noch begleiten und bereichern. Wer eine so herausfordernde Tätigkeit ausüben kann wie diese beiden Verkündiger, darf sich glücklich schätzen, von einer Gemeinschaft getragen zu werden, die einen unterstützt, mit der man das Geschehene teilen und in der man sich auch erholen kann. Das gilt auch für uns, wie für Papst Leo XIV.

Predigt: Liebe Auferstehungs-Gläubige

Die Gute Nachricht zu verkünden, das war vor zweitausend Jahren nicht einfach und scheint nach den Worten von Papst Leo XIV. auch heute noch eine knifflige Aufgabe und grosse Herausforderung zu sein. Heute ist es vielleicht in unserer Gesellschaft nicht mehr so gefährlich wie bei Paulus, der bei seiner Verkündigung sogar eine Steinigung überlebt hat. Christliche Märtyrer und Märtyrerinnen gibt es aber auch heute auf der Welt, zum Glück nicht mehr in Europa. Was können nach Barnabas und Paulus Herausforderungen sein für Verkündiger:innen der Guten Nachricht?

  1. In Lystra wurden Barnabas und Paulus zuerst als inkarnierte Götter gesehen. Ihr heilsames Handeln brachte die Leute auf falsche Fährten. Auch Kapuziner wurde früher nachgesagt, sie könnten mehr als andere Menschen. Da kann ich sie, liebe Menschen beruhigen, wir können nicht mehr als beten und hoffentlich christlich Handeln. Und da war mir Papst Franziskus lieb, der sich selbst als Sünder und nicht als Gott sah. Ein heilsames und selbstkritisches Leben führen ist die Herausforderung.
  2. Barnabas und Paulus fanden nicht nur Freunde und Zuspruch. Manchmal mussten sie grosse Ablehnung und Verfolgung erfahren! Sie versteiften sich nicht mit ihrer Botschaft, räumten das Feld und kamen später wieder – und beim zweiten Mal hatten sie manchmal mehr Erfolg. Es braucht oft Geduld, Entwicklung und vielleicht auch den richtigen Augenblick, den Kairos. Auch heute müssen wir ab und zu Geduld haben und mehrere Anläufe wagen – auch wenn das in einer schnelllebigen Zeit oft sehr schwerfällt. Barnabas und Paulus hatten nicht bei allen Menschen Erfolg – oft waren Gläubige die grossen Widersacher der beiden.
  3. Heute sind viele versucht ihr eigenes Ding zu drehen: «Ich weiss es besser.» Interessanterweise werden Barnabas und Paulus vom Heiligen Geist aus einer Gemeinde ausgewählt. Es hätte mit «Simeon, genannt Niger, und Luzius von Kyrene und Manaën, der mit dem Landesfürsten Herodes erzogen worden war,» auch noch andere Kandidaten für die Mission gegeben. Ausgesendet werden nur Barnabas und Paulus. Die Gründe weiss der Heilige Geist und die Gemeinde. Doch scheint mir das auch heute noch wichtig zu sein. Der Heilige Geist und die Gemeinschaft, bei der Papstwahl, der Heilige Geist und die Kardinäle müssen wählen und beauftragen. Heute habe ich manchmal den Eindruck, dass alle für den kirchlichen Dienst genommen und gesendet werden. Wenn sie nur wollen. Die Krise mit den Machtmissbräuchen ist ein deutliches Zeichen dafür. Ich hoffe, dass die versprochenen besseren Abklärungen der Bischöfe und Ordensoberen künftig nicht nur ein Lippenbekenntnis sind. In der Vergangenheit wurden viele zu schnell geweiht oder in die Orden aufgenommen. Und heute?

Zusammengefasst nehme ich drei Lehren aus der Apostelgeschichte:

  1. Christliches Verkündigen muss überdacht und selbstkritisch sein. Nicht alle Verkündigung dient dem Reich Gottes. Dabei muss primär von der Wirkung her gedacht werden. Die gute Absicht der Verkündigenden reicht nicht.
  2. Die Wirkung der Verkündigung braucht Zeit, Wiederholung und den richtigen Moment.
  3. Die Gemeinschaft übernimmt Verantwortung bei der Auswahl geeigneter Kandidaten und Kandidatinnen. Der Geist und die Gemeinschaft beruft, nicht der Kandidat, die Kandidatin.

Heute hörten wir einen runden und hoffnungsvollen Abschluss dieser ersten grossen Missionsreise von Barnabas und Paulus: «27 Als sie in Antiochia, wo sie gestartet sind, angekommen waren, riefen sie die Gemeinde zusammen und berichteten alles, was Gott mit ihnen zusammen getan und dass er den Heiden die Tür zum Glauben geöffnet hatte. [28 Und sie blieben noch längere Zeit bei den Jüngern.]»

Es ist Gott, der handelt und wirkt. Das dürfen wir nicht vergessen. Das ist für mich auch eine Hoffnung. Wir Menschen, Christus-Gläubige müssen nicht alles im Griff haben. So freut mich der Vers 28 besonders: «Und sie blieben noch längere Zeit bei den Jüngern.» Auch Zusammensein und Gemeinschaft haben da noch Platz im Volk Gottes. Amen.

Als Barnabas und Paulus ein Übergriff drohte …

Der Blick auf die Auferstehung war stets ein Blick in die Vergangenheit. Als die Frauen zum Grab gingen, um Jesu Leichnam zu salben, waren sie in Trauer und dachten nicht an Auferstehung. Das Thema wurde erst in der nachösterlichen Verkündigung Glaubens-Bildend. Vom 16. bis zum 31. Mai bin ich wieder bei der Zürcher Telebibel zu hören. Ich beschäftige mich mit der Apostelgeschichte 14,1-22, Lukas 24,1-12, Offenbarung des Johannes 21,1-6 sowie Deuteronomium 30,19. Eben: «Als Barnabas und Paulus ein Übergriff drohte, erfuhren sie davon und flohen in die Städte. Dort verkündigten die beiden die Gute Nachricht.» (Vgl. Apg. 14,5-7)

Andere Bilder / Kommunikation

ITE 2023/1 war zu zehn Jahre Papst Franziskus. Edito und das ganze Heft können hier heruntergeladen werden. Der Grundsatzartikel von damals ist auch heute noch lesenswert und erhellend:

Nomen est omen: Papstnamen sind Programme. Benedikt XVI. – Joseph Ratzinger war von 2005 bis zum 11. Februar 2013 im Amt – ist der 16. Papst mit dem Namen Benedikt und bezieht sich auf einen mittelalterlichen Mönchsvater und Ordensgründer. Und Papst Franziskus, gewählt am 13. März 2013, ist der erste Papst, der sich auf Franz von Assisi beruft. Als Argentinier ist er der erste gebürtige Nichteuropäer seit dem 8. Jahrhundert, nämlich Lateinamerikaner. Vor seiner Wahl arbeitete der Erzbischof von Buenos Aires als Seelsorger und nicht als Berufstheologe oder an der Kurie.

Als Jugendlicher las ich von Joseph Ratzinger die Einführung ins Christentum. Vor allem eine Bildbeschreibung daraus ist mir geblieben und hat mein Leben damals beeinflusst. Ratzinger schreibt von der «Bedrohung der Ungewissheit» und von der «Brüchigkeit des Ganzen». Auf Seite 37 liest man über «die einzige Alternative»: «Paul Claudel hat in der Eröffnungsszene des ‹Seidenen Schuhs› diese Situation des Glaubenden in eine grosse und überzeugende Bildvision gebannt. Ein Jesuitenmissionar, Bruder des Helden Rodrigo, Weltmann, irrender und ungewisser Abenteurer zwischen Gott und Welt, wird als Schiffbrüchiger dargestellt. Sein Schiff wurde von Seeräubern versenkt, er selbst an einen Balken des gesunkenen Schiffs gebunden und so treibt er nun an diesem Stück Holz im tosenden Wasser des Ozeans.»

Dieses Bild hat mich als Jugendlicher so sehr beschäftigt, dass ich es malte und es lange im Zimmer aufhängte. Es war dies ein Lebens- und Glaubensbild, das mich in meiner Jugend begleitete, bis mir die franziskanisch-kapuzinische Lebensweise ein anderes Lebensgefühl vermitteln konnte. Ich denke, dass man diese Veränderung des Lebensgefühls auch bei den beiden Päpsten finden kann. Denn Franz von Assisi – und nicht mehr Benedikt von Nursia – steht für Jorge Mario Bergoglio Pate.

Maria, die Knotenlöserin
Interessanterweise fand ich später von Jorge Mario Bergoglio ein anderes Bild, dass mich bis heute begleitet und das mehr Hoffnung ausdrückt. Auch dieses Bild fand ich in einem Buch, jedoch nicht in einer theologischen Abhandlung, sondern in einem langen Interview: Papst Franziskus. Mein Leben, mein Weg. El Jesuita. Die Gespräche mit Jorge Mario Bergoglio von Sergio Rubin und Francesca Ambrogetti. Die Erstveröffentlichung in Spanisch war 2010 und erfolgte somit noch vor der Papstwahl.

Jorge Maria Bergoglio, der auch in Deutschland studiert hatte, bekam von einer deutschen Frau eine Postkarte mit dem Bild Maria Knotenlöserin aus der Jesuitenkirche St. Peter am Perlach zugeschickt. Bergoglio, der in Deutschland nicht nur einfache Zeiten erlebte, war fasziniert und sehr angetan von diesem Bild. Er nahm das Motiv mit nach Buenos Aires zurück und verbreitete es. Seine Priesteramtskandidaten schickte er mit diesem Bild in die Armenviertel von Buenos Aires. In der Kirche San José del Talar (Buenos Aires, Argentinien) hängt heute sogar eine Kopie des Bildes von St. Peter am Perlach, das an jedem Achten des Monats viele Pilger anzieht. Heute ist Maria Knotenlöserin «ein Bild, dessen Verehrung zu einem ausgesprochen populären Phänomen der Volksfrömmigkeit in Buenos Aires geworden ist» (S. 23). Auch im Gästehaus des Vatikans, Casa Santa Maria, wo Papst Franziskus eingezogen ist – statt im Palast zu residieren – sowie auf der 50-Euro-Goldmünze der Vatikanstadt von 2017 findet sich eine Darstellung der Knotenlöserin. Nun, Knoten gab es in der Regierungszeit von Franziskus bis heute einige zu lösen. Ob er dies gemacht hat und wie er es tat, darüber will diese ITE-Ausgabe einige Aspekte aufgreifen und beantworten.

Zuhören und antworten
Joseph Ratzinger hat viele theologische Bücher geschrieben, gelehrt und mit seiner Lehre Politik gemacht. Jorge Mario Bergoglio hat bei seinem Amtsantritt auf das Buch eines anderen Theologen verwiesen: Barmherzigkeit. Grundbegriff des Evangeliums – Schlüssel christlichen Lebens von Walter Kardinal Kasper. Auch wenn es Leute gibt, die über die Theologie von Papst Franziskus die Nase rümpfen, dann sehe ich in seinen Interviews und Begegnungen einen Menschen, der sowohl ein theologisch wie auch ein kulturell vielfältiges Wissen hat. Dieses wird jedoch zumeist dialogisch umgesetzt. Hinzu kommt, dass der jetzige Papst nicht nur mit Theologen diskutiert – vgl. den Schülerkreis von Joseph Ratzinger –, sondern auch Journalisten und vor allem Menschen am Rande der Gesellschaft zuhörend beachtet.

2022 kam das Interview-Buch Papst Franziskus. Ich trage euch im Herzen. Meine Antworten auf die Fragen der Armen dieser Welt. in die Buchhandlungen. Da hört einer zu und gibt nicht Antworten auf Fragen, die niemand gestellt hat oder niemanden interessiert. Die Worte von Papst Franziskus sind allgemeinverständlich, auch für die Ungebildeten dieser Welt.

Sibylle de Malet, Pierre Durieux und Loïc Luisetto haben die Inhalte des Buches koordiniert: «So machten wir uns daran, Fragen von armen Menschen aus der ganzen Welt zu sammeln. Dabei wurden wir unterstützt von befreundeten karitativen Vereinigungen auf fünf Kontinenten. Innerhalb weniger Wochen erhielten wir mehr als tausend Fragen von Kindern aus den Elendsvierteln Brasiliens, von Frauen aus dem indischen Flachland, von jungen Menschen aus der iranischen Wüste, von amerikanischen Obdachlosen, von Prostituierten aus Asien, von madagassischen Familien … und einige anonymisiert, da diese Menschen als Christen fürchten, in ihrem Land verfolgt zu werden» (S.8). Im Folgenden einige Perlen dieses Buches, das ursprünglich auf Französisch erschienen ist:

Felipe aus González Catán, Argentinien
Als Sie von Jesus den Ruf erhielten, Papst zu werden, was kam Ihnen da als Erstes in den Sinn?
Was genau ich in diesem Moment dachte, daran kann ich mich nicht mehr erinnern. In so einem Augenblick denkt man an gar nichts … (S. 22)

Rodrigo aus Huechuraba, Chile
Papst Franziskus, wohin geht eigentlich das Geld des Vatikans?
Von diesem Geld werden Schulden bezahlt. Und Gott ist wirklich gut, richtig gut. Denn ist eine Gemeinde oder eine religiöse Einrichtung nicht arm – obwohl sie es sein sollte – und verwaltet ihr Geld schlecht, dann schickt er ihr in der Regel einen schlechten Wirtschafter, sodass es zu Katastrophen und schliesslich zum Bankrott kommt. Das Geld des Vatikans – oder vielmehr das Geld, das der Vatikan haben sollte – ist für gute Werke und für Mittel zur Verkündigung des Evangeliums gedacht. Das geschieht auch mit einem Teil des Geldes. Doch derzeit kann man in den Zeitungen lesen, dass ein Prozess gegen dreizehn Personen des Vatikans bevorsteht, denen Betrug und finanzielle Delikte vorgeworfen werden. Und es ist nicht das erste Mal, dass so etwas vorkommt. Dass Männer der Kirche – Priester, Bischöfe, Kardinäle – in Luxuslimousinen durch die Gegend fahren, statt beispielhaft in Armut zu leben, tut mir weh. Sie geben ein extrem negatives Zeugnis ab. Und obschon viele Menschen im Vatikan – Kardinäle wie Bischöfe – arm sind, dominiert doch das Bild vom Prunk und Pomp. Der Vatikan braucht hier eine kontinuierliche Bekehrung, um sich nicht in den Fängen des Reichtums und der Macht zu verstricken. (S.36)

Jesús
Warum fällt es uns Menschen so schwer, liebevoll zu sein, und warum ist das seit jeher so?
Theologen würden antworten, das liegt an der Erbsünde. Wir haben einfach einen grundlegenden Fehler: unseren Egoismus. Mithilfe des Heiligen Geistes, der in uns wohnt, bemühen wir uns zwar darum, diesen Fehler zu heilen, aber wir haben alle diese Tendenz zum Bösen in uns. Wäre es anders, würde ich morgen die ganze Welt heiligsprechen. (lacht) (S.40)

Cyrus aus Qom, Iran
Manche Gemeinschaften, die sich auf die Bibel stützen, lehnen Homosexuelle ab. Wie denken Sie darüber?
Die Bibel muss gut gelesen und interpretiert werden. Gott liebt jeden Mann und jede Frau unabhängig von seiner bzw. ihrer sexuellen Orientierung. Und ich habe schon mehrfach gesagt: Wer bin ich, dass ich eine Person aufgrund ihrer sexuellen Orientierung verurteile?
Vor ein paar Tagen haben wir eine Impfkampagne gegen das Coronavirus organisiert für Menschen, die auf der Strasse leben, und für die Armen von Rom. Das waren drei intensive Tage. Jede Person wurde sehr respektvoll behandelt. Dann trafen zwei Busse ein, in denen sich transsexuelle Personen befanden. Einige Leute, die vor Ort waren, warnten dann den Kardinal, der sich um die Kampagne kümmerte – übrigens ein Kardinal, den ihr niemals in roten Gewändern, sondern immer mit Hose und Jacke sehen werdet – mit den Worten: «Vorsicht! Da kommen Transsexuelle …!» – «Impft sie!», rief der Kardinal sofort. Und er fügte hinzu: «Nur eine Sache noch: Fragt sie nicht, ob sie Mann oder Frau sind, um sie nicht zu kränken.» Alle haben ihren Platz im Haus Gottes. Alle.
Jedes Mal, wenn ich mit einer solchen Situation konfrontiert werde, muss ich an Jesus denken und an seinen Willen, uns alle zu retten. Das bringt mich dazu, in jeder Person eine Schwester oder einen Bruder zu sehen – so einfach ist das.
Es irritiert mich, wenn man die Probleme der Menschen derart hervorhebt. Man tut ihnen damit Unrecht, und sie leiden darunter. Wir müssen ihnen gegenüber sehr, sehr respektvoll sein, und wir müssen untereinander respektvoll sein. (S. 74)

Erfahrung: Sehen und Glauben

Osterpredigt vom 20. April 2025; 1 Kor 5,b-8; Joh 20,1-9(-18)

Halleluja, liebe Menschen Sehen und Glauben
Halleluja, Gott, ja, Leben ist anders.
Halleluja, Maria von Mágdala sieht keinen Stein vor dem Grab.
Halleluja, der andere Jünger sieht Leinenbinden und keinen Leichnam im Grab.
Halleluja, Simon Petrus sieht an besonderer Stelle das Schweisstuch zusammengebunden liegen.
Halleluja, der andere Jünger sah und glaubte 2X. Halleluja.
Nein, der andere Jünger weiss nicht, er glaubt.
Nein, die beiden Jünger gehen mal nach Hause. Maria bleibt.
«9 Denn sie hatten noch nicht die Schrift verstanden, dass er von den Toten auferstehen müsse.» (Joh 20)
Halleluja, Maria von Mágdala weint und sieht Engel, sieht Jesus.
Halleluja, Gott, ja, Leben ist anders. Jesus lebt. Halleluja.
Und darin liegt die Herausforderung und das Staunen von Ostern. Der Rahmen des Normalen, des Alltäglichen darf anders gesehen werden. Der Tod ist kein Ende, unsere Realität ist nicht begrenzt. Der Tote lebt. Vielleicht braucht es Schweigen, Gefühle, einen neuen Zugang zur Wirklichkeit. Vielleicht ein Stammeln und Staunen. Ein neuer, anderer Zugang zum Leben, zum Sterben und dann anders, neu Leben, Sehen und Glauben.
Liebe Menschen
Sehen und Glauben. Eine wunderbare, berührende, froh-machende Geschichte aus dem Neuen Testament. Meine Worte sind begrenzt, die Erfahrungen von Maria, Petrus und dem anderen Jünger entgrenzen meinen Vorstellungshintergrund und es bleiben auch mir, Sehen und Glauben. Halleluja, Jesus lebt.
Vor drei Wochen war ich am Vorderrhein am Wandern. Und da stand ich plötzlich vor einer Eselherde und ich staunte. Wir sind hier doch nicht in Italien? Die Esel kamen neugierig auf mich zu und ich schloss sie sofort in mein Herz. Ich sah und glaubte einen ganz besonderen Moment zu erleben. Und ein wunderbares Foto ziert seither meinen Schreibtisch / Desktop – es erinnert mich an einen eigenartigen und besonderen Moment. Eine einzigartige Begegnung mit Eseln. Erklären kann und will diese Erfahrung nicht. Ein Foto spricht für sich selbst, speichert Erinnerung. Es braucht keine Erklärungen oder Rechtfertigungen – wie es auch im Leben immer wieder Gewissheiten gibt, die nicht erklärt werden müssen und auch nicht erklärt werden können. Sehen und Glauben sind hier religiöse Erfahrungen. Sie gelten aus Erfahrung.
Und ähnlich geht es mir mit den Erfahrungen von Maria, Petrus und dem anderen Jünger. Sehen und Glauben. Punkt. Ja, Theolog:innen können noch einiges sagen dazu. Trotzdem, der Höhepunkt der Erzählung liegt im Sehen und Glauben des anderen Jüngers.
Und dieses Sehen und Glauben hat Folgen. Im ersten Korintherbrief (5,7) lesen wir: „Schafft den alten Sauerteig weg, damit ihr neuer Teig seid!» Eingefordert wird Aufrichtigkeit und Wahrheit statt Bosheit und Schlechtigkeit. Das «Sehen und Glauben» von Oster-Erfahrungen hat Folgen für das Leben, für den Alltag – trotz Stammeln und Staunen, Weinen und Vermissen, Nichtwissen.
Ostererfahrungen wollen nicht zerredet, sondern «gesehen und geglaubt» werden. Vielleicht können sie meine Erfahrung mit den Eseln nach-erahnen, vielleicht auch die Grab-Erfahrungen von Maria, von Petrus und vom anderen Jünger. Gewiss haben auch Sie, liebe Oster-Erfahrungs-Menschen, ähnliche Erlebnisse, Gewissheiten, Gipfelerlebnisse, die gesehen und geglaubt werden können, Sie begleiten und bewegen. So oder so bleiben wir bei der Aufrichtigkeit und der Wahrheit, der nachösterlichen Realität. Amen.

Früchte bringen

Predigt vom 23. März 2025; Lk 13,1-9; 1 Kor 1-12

Wir erleben Tragisches in unserem Leben und sehen diese Tage noch viel Schlimmeres in der Welt geschehen. Es gäbe viele Stichworte und Reizworte. Das ist nicht neu – auch wenn wir manchmal den Eindruck haben, in einer ganz speziellen geschichtlichen Phase zu leben. Leid und Tod kannten die Menschen um Jesus von Nazareth, wie auch um Paulus von Tarsus herum, auch. Und wie die Zuhörer und Zuhörerinnen Jesu, so sind es auch nicht wir, die gegenwärtig am meisten Unrecht und Leid selbst erfahren. Wenn ich in die Welt schaue, dann komme ich mir sehr privilegiert vor. Aber: Wie kann ich mit erfahrenem und gesehenem Bösen umgehen? Wie sind sinnlose und belastende Erfahrungen zu deuten?
Das Sonntagsevangelium stellt zuerst einmal fest, dass die Leute, die Ziel des Bösen sind, nicht grössere Sünder sind als wir, und dass wir nicht verschont werden, weil wir bessere Menschen sind oder weil wir Christen und Christinnen sind. Das Böse ist eine eigene und freie Grösse und wirkt, wo es will und wie es will. Die leidtragenden Menschen sind nicht per se schlechtere oder ungläubigere Menschen. Sowohl Jesus von Nazareth wie auch Paulus von Tarsus laden uns jedoch ein, im Angesicht des Bösen, des Verderbens den Blick auf uns selbst zu richten und unser eigenes Tun kritisch zu überdenken. Nach einer gründlichen Selbst-Betrachtung und Selbst-Einschätzung sollen wir einen guten Lebensweg wählen und entsprechend handeln, Früchte bringen.
Und Jesus erzählte ihnen dieses Gleichnis: Ein Mann hatte in seinem Weinberg einen Feigenbaum gepflanzt; und als der Mann kam und nachsah, ob der Feigenbaum Früchte trug, fand er keine. Da sagte der Mann zu seinem Winzer: Siehe, jetzt komme ich schon drei Jahre und sehe nach, ob dieser Feigenbaum Früchte trägt, und finde nichts. Hau ihn um! Was soll der Feigenbaum weiter dem Boden seine Kraft nehmen? Der Winzer erwiderte: Herr, lass ihn dieses Jahr noch stehen; ich will den Boden um ihn herum aufgraben und düngen. Vielleicht trägt er in Zukunft Früchte; wenn nicht, dann lass ihn umhauen! (Lk 13,6-9)
Das Gleichnis richtet seinen Blick nicht nach aussen, auf die Ungerechtigkeit und Bosheit in der Welt. Betrachtet werden ein konkreter Feigenbaum und seine fehlende Frucht im Garten eines Mannes.
Der Mann stellt fest, dass der Feigenbaum auf fruchtbarem Boden steht. Eigentlich will er diesen ertragslosen Baum umhauen. Doch tritt noch ein zweiter Mensch, ein Winzer, auf: Herr, lass den Feigenbaum dieses Jahr noch stehen; ich will den Boden um ihn herum aufgraben und düngen.
Mir raten die Predigt eines Paulus von Tarsus und vor allem das Gleichnis vom Feigenbaum eines Jesus von Nazareth, mich mit Blick auf Ungerechtigkeit und Bosheit in der Welt nicht lähmen zu lassen und zu verzweifeln. Fragwürdiges gibt es in Gottes Welt und ist für mich, für uns nicht wirklich erklärbar oder begründbar. Auch gute Menschen kommen unter die Räder, werden getötet oder müssen leiden. Und da kann ich mich auch nicht rühmen, nur weil ich davon verschont wurde. Das Böse kann auch mich völlig unbegründet treffen. Es steht ausserhalb meiner eigenen Verfügbarkeit. Aber es gibt einen Bereich meiner Einfluss-Sphäre; und darin soll ich Früchte bringen. Da darf ich sogar vertrauen, dass mir jemand den Boden bereitet, mir beisteht, zu mir schaut, mir aber auch Zeit gibt – vergleiche den Winzer im Gleichnis. Das ist für mich eine stärkende und hoffnungsvolle Verheissung.
Ich bin für meine Früchte, mein Handeln selbst verantwortlich. Und die Fastenzeit als eine Zeit der Wahl und Neu-Ausrichtung lädt mich ein, den Blick vom allzu fernen, vielleicht blockierenden Begebenheiten zu lösen und mich mit meinem eigenen Leben und meiner Einfluss-Sphäre auseinanderzusetzen. Verantwortlich bin ich zuerst einmal für meine Taten, meine Früchte, mein Handeln und Sein. Bei einem Feigenbaum erwarten wir Feigen, bei einem Apfelbaum Äpfel, und bei Adrian Müller …? Und bei Ihnen …? Ja, mir kommen einige Bereiche in den Sinn. Nicht nur Schlechtes. Da gibt es Früchte in meinem, in unserem Leben – und die sind wichtig.
Ob der Feigenbaum im kommenden Jahr Frucht gebracht hat, das erzählt uns das Gleichnis nicht. Die Erzählung hat einen offenen Schluss und lädt uns ein, unser eigenes Leben zu betrachten, nach unserem eigenen Boden, Umfeld zu schauen und darin fruchtbar zu werden. Ach ja, kennen Sie den mutmachenden Satz: «Wenn ich wüsste, dass morgen die Welt unterginge, würde ich heute noch ein Apfelbäumchen pflanzen.» Dieser Mut-Satz wird fälschlicherweise Martin Luther zugewiesen, geht aber auf den Propheten Mohammed (570-632) zurück. Der Winzer des Gleichnisses lädt uns immer wieder neu ein, Früchte zu bringen.

Diese Predigt wurde auch im Spital Schwyz gehalten. Einleitung zu Beginn:

Liebe Brüder und Schwestern, wenn ich das heutige Evangelium ernst nehme, dann gibt es mir einige Hinweise für meinen Umgang mit Krankheit und Leiden. Und diese stelle ich gerne an den Beginn dieses Gottesdienstes.
• Grundsätzlich wissen wir nicht, warum wir Böses und Krankheit erleben. Jesus warnt davor, dem Kranken, Sterbenden die Schuld dafür zu geben.
• Über Krankheit sollen wir nicht abstrakt und weltfremd diskutieren, sondern differenziert und sehr fallbezogen.
• Heilung geschieht in langsamen Schritten und kann manchmal Jahre dauern, wenn es überhaupt zur Heilung kommt. Der Ausgang unserer Bemühungen kann offen sein.
• Es gibt Menschen mit Fachwissen, die uns beistehen, die uns helfen können und sich für unsere Heilung einsetzen. Auch da wo andere schon den Kopf in den Sand stecken.

Biblische Überraschungen

Wussten Sie, dass nach dem Lukas-Evangelium Johannes der Täufer im Gefängnis landete, bevor er am Jordan Jesus taufen konnte. Oder auch, dass das Gleichnis vom anvertrauten Geld absolut nichts mit menschlichen Talenten und Gaben zu tun hat – der vermeintliche Versager ist eigentlich der Held der Geschichte. Ab dem 16. März 2025 gebe ich der Rätsel Lösungen – sofern man das so nennen darf – bei der Zürcher Telebibel. Viel Vergnügen und gute Nerven also.

Ein vollkommen neues Feuer

Aus ITE 2025/1; Feuer: geliebt – gedeutet – gefürchtet

Die Liturgie der Osternacht lebt vom Entzünden des Osterfeuers, das wiederum als Start für weitere Handlungen dient. Interessanterweise wurde früher an einigen Orten das Feuer durch das Schlagen von Steinen entfacht. Damit sollte deutlich gemacht werden, dass mit dem Osterfeuer etwas ganz Neues entsteht. Da wird nicht nur – wie beim Olympischen Feuer – das brennende und lebendige Licht weitergetragen und weitergegeben. Nein, beim Steinschlagen entsteht ein neuer Funke und ein neues Feuer. Es ist dies ein Zeichen der Auferstehung, eines wahrlich neuen Anfangs. Es ist dies nicht bloss Übergang oder das neu entfachen einer Glut.


Die Jahreszeiten sind ein Symbol des Werdens, Vergehens und wieder neu Werdens.


In unseren Breitengraden kennen wir vier – auf einander folgende – Jahreszeiten. Auf das Absterben des Herbstes und den Tod des Winters kommt bei vielen Pflanzen das Neu-Werden des Frühlings. Es ist ein Bild des Kommens und Gehens. Selbst Menschen erleben manchmal einen weiteren, zweiten Frühling und handeln entsprechend. Die Jahreszeiten sind ein Symbol des Werdens, Vergehens und wieder neu Werdens.


Mit der Auferstehung feiern Christen und Christinnen ein echtes und einmaliges Neu-Werden in Jesus Christus: Sterben, Tod und Auferstehung.

Es geht nicht um das Gleiche im Alten, sondern um eine echte Neu-Schöpfung, um ein neues Werden. Ostern zeigt nicht die Fruchtbarkeit des Frühlings nach dem Winter, sondern das neue göttliche Leben nach dem Tod. Zuerst einmal für den verstorbenen Jesus von Nazareth, dann aber auch für alle Menschen, für die ganze Schöpfung, Erde und Himmel. Darin liegt die Hoffnung für uns Christen und Christinnen.


Weg von Draussen nach Drinnen
Normalerweise wird das Osterfeuer draussen, vor der Kirche, angezündet. Es ist dies ein sinnlicher und stiller Moment, wie er in der Liturgie eher selten vorkommt. Man steht im Kreis um das Feuer, an der Kälte sowie in der Dunkelheit, und sieht die ersten Funken springen. Die Gläubigen warten, bis das Feuer richtig brennt. Dieser Vorgang kann kaum beschleunigt werden – und wer dies mit Petroleum versuchte, würde sich selbst disqualifizieren. Die Gemeinschaft schweigt und hört dem Knistern der Holzscheite zu. Dunkelheit und Kälte können sich ausbreiten – das gilt auch für das Feuer. Licht und Wärme breiten sich nun aus.
Wenn alles Holz brennt und lodert – das Osterfeuer soll die dunkle Nacht erleuchten! –, wird das Feuer gesegnet und die Osterkerze daran entzündet. An der brennenden Kerze entzünden die Mitfeiernden ihre eigenen Kerzen. Anschliessend wird die Osterkerze mit dem Ruf «Licht Christi» in die möglichst dunkle Kirche getragen. Was nützt eine Kirche, wenn sie nicht vom Licht Gottes erhellt wird?! Die brennende Osterkerze symbolisiert Christus als Licht für die Menschen und die Welt.


Vom Frühlings- zum Osterfeuer
Das Christentum ist nicht im religionsfreien Raum entstanden. Und es ist nicht nur das Judentum, welches das Christentum und seine Feiern geprägt hat. Im Judentum sind mehrarmige Leuchter von grosser Bedeutung. Der siebenarmige Leuchter ist eines seiner wichtigsten religiösen Symbole. Für das achttägige Lichterfest wird ein acht- oder neunarmiger Leuchter verwendet. Im Christentum ist die Osterkerze in Rom seit dem fünften Jahrhundert nachgewiesen.
Christliche Missionare nahmen den germanischen Brauch des Frühlingsfeuers auf und integrierten das Osterfeuer in die christliche Liturgie.
Zu Ehren Wodans, des Hauptgottes in der nordischen und kontinentalgermanischen Mythologie, wurden Frühlingsfeuer entzündet. Wodan ist der bestbezeugte Gott bei den germanischen Stämmen und Völkern der Wanderungszeit. Christliche Missionare nahmen vermutlich diesen Brauch auf und integrierten im achten Jahrhundert das Osterfeuer in die christliche Liturgie. Seit dem zehnten Jahrhundert kennt man Segensgebete für das Osterfeuer.

Im Dickicht des Lebens

Predigt zu den Seligpreisungen, Lk 6,17-26

Das heutige Tagesevangelium erinnert mich an Moses. Er stieg auf den Berg und brachte dem Volk die zehn Gebote Gottes; also eine Orientierungsrichtlinie für gutes und gottgefälliges Leben.
Auch Jesus war auf dem Berg in der Gottesbegegnung und kommt mit den zwölf Jüngern in die Ebene. Eine grosse Schar Jünger und viele Menschen versammelten sich um ihn. Jesus trifft sich also in den Niederungen des Alltags mit den Leuten, so würde ich meinen.
Moses brachte zwei Tafeln mit Geboten. Es sind dies Worte und ist zuerst einmal theorielastig. Den Lesenden mit den zehn Geboten gesagt, was sie zu tun werden und was sie zu unterlassen haben.
Jesus von Nazareth ist praktischer veranlagt. Er hat Kraft und bringt Heilung; Heilung von körperlichen und psychischen Krankheiten. Und darin sehe ich auch die erste Aufgabe in unserem Leben der Jesus-Nachfolge. Unsere Kräfte sollen wir für unsere Nächsten einzusetzen, damit sie körperlich und psychisch heil werden, oder zumindest in ihrem Leiden begleitet werden und einigermassen gut leben können. Das gilt für die vielen Menschen aus ganz Judäa und Jerusalem, dem Küstengebiet von Tyrus und Sidon. Auch Schwyz.
Uns für die vielen Menschen in Schwyz und Umgebung heilsam einzusetzen. Darin sehe ich unseren Auftrag als Jünger und Jüngerinnen. Als Ortskirche sind wir hier engagiert. Ich möchte hier primär einmal an die Kirso, die Kirchliche Sozialberatung Innerschwyz erinnern. «Die KIRSO ist eine professionelle Anlauf- und Beratungsstelle für Personen aus der Region Innerschwyz. Menschen in schwierigen Lebenslagen finden hier Beratung, Unterstützung und Begleitung, unabhängig von Religion und ethnischer Zugehörigkeit.» kann man auf der Homepage www.kirso.ch lesen. Und ich weiss, Franz Schuler und Judith Rüegg leisten gute und verantwortungsvolle Arbeit.
Die Antonius-Gelder, die dem Kapuzinerkloster abgegeben werden, gehen an die Kirso, für die Menschen in schwierigen Lebenslagen. Auch unterstützt das Kloster die Arbeitsstelle finanziell und ideell. Bald ist die GV des Vereins «Diakonie Innerschwyz» und ich bin gespannt, wie die soziale Situation in der Innerschwyz aussieht.
Doch Jesus geht noch einen Schritt weiter. Er wendet sich im Lukasevangelium in vier Seligpreisungen und vier Wehe-Rufen an seine Jünger und Jüngerinnen. Seligpreisungen: armutsbetroffen und hungernd bin ich nicht, selten weinend und auch nicht gehasst. Gut, manchmal ist es nicht nur einfach, römisch-katholisch zu sein. Menschen wenden sich ab von der Kirche, die Austrittszahlen sind hoch. Doch haben wir als Kirche, als Jünger und Jüngerinnen in der Vergangenheit wie auch in der Gegenwart einige Fehler gemacht. Da habe ich mich, wir uns als (römisch-katholische) Kirche zu verbessern und allen Menschen Kraft der Heilung zu werden.
Die Weh-Rufe decken wohl eher meinen heutigen Alltag ab. Ja, ich bin reich – gut nicht steinreich – ; ich bin satt – und manchmal übersatt. Nein, ich habe nicht den ganzen Tag zu lachen, auch wenn ich mich als glücklichen Menschen erfahre. Ab und zu darf ich auch ein Lob ernten und das macht mir Freude. Die Option für die Armen ist nicht unbedingt eine Option für Adrian. Nun, ich hoffe nicht gänzlich auf der Strecke zu bleiben.
Jesus macht mich also mit seinen Seligpreisungen und Wehrufen betroffen. Da kann ich mich gewiss nicht gemütlich zurücklehnen und alles ist gut. Ich sehe sie eher als eine Herausforderung, meine Kräfte wahrzunehmen, heilsam einzusetzen und mich aber als Christ immer wieder kritisch zu orientieren und zu hinterfragen:
Bin ich auch für alle Menschen heilsam, körperlich und psychisch?
Bin ich mir bewusst, dass Jesus mit den Seligpreisungen und Weh-Rufen die Welt auf den Kopf stellt. Nicht die Reichen und Satten, die Menschen auf der Sonnenseite und die umgarnten Grossen bekommen seine Aufmerksamkeit und sein Lob. Jesus stellt für uns Jünger und Jüngerinnen Menschen am Rand ins Zentrum. Und warum das? Das Reich Gottes kennt andere Massstäbe als Kapuziner zuerst oder Switzerland first oder Geld regiert die Welt oder der Mensch ist des Menschen Wolf. Nein, heilsam und solidarisch werden wir heute und in Zukunft ins Reich Gottes einziehen – und das wird unsere Freude sein. Die Güte, der Erfolg einer Gemeinschaft, einer Gesellschaft zeigt sich im Umgang mit den Armen, Hungrigen, Traurigen und den Menschen am Rand. Amen.

War bei mir der Geist dabei?

Predigt zu Taufe des Herrn; Apg 10,34-38; Lk 3,15-16.21-22

Eine erste Erfahrung: Letzten November reiste ich ins Kapuziner-Kloster Meran in die Ferien. Im Bus ab Mals setzte sich eine Jesus begeisterte Frau neben mich. Sie besucht wöchentlich eine Christengemeinde und kam schnell auf ihre Geisttaufe zu sprechen. Sie weiss genau, wann und wo sie vom Heiligen Geist getauft wurde, und seither ist sie Christin. Natürlich wollte sie auch von mir wissen, wann und wo ich vom Heiligen Geist getauft worden sei. Darauf habe ich leider keine genaue Antwort. Ich wurde als Säugling getauft und kann mich nicht an meine Taufe erinnern. Meine Eltern tauften mich – und ich bin ihnen heute dankbar für diese Entscheidung. Mit Worten, Wasser und Taufhandlung wurde ich getauft. Natürlich würde ich vermuten, dass der Heilige Geist auch dabei war.
Eine zweite Erfahrung: Letze Woche hörte ich einen Podcast über eine Online-Kirche. Alles geschieht bei ihr online, im Internet. Da gibt es Pfarrer und Pfarrerinnen, die betreiben Seelsorge wie auch die Sakramente im Netz. Auf der Homepage kann man Porträts dieser Pfarrer:innen sehen und einen dazugehörenden Avatar. Auch der Täufling muss sich im virtuellen Raum einen Avatar aussuchen und nach entsprechender Online-Taufkatechese gibt es eine Online-Taufe. Der Journalist fragte natürlich, ob eine solche Taufe theologisch überhaupt möglich sei? «Natürlich,» war die Antwort. «Der Heilige Geist kann wirken, wo er will, auch in einem Online-Room; auch im World Wide Web!» Er weht, wo er will.
Im heutigen Tagesevangelium sagt Johannes der Täufer: «Ich taufe euch mit Wasser. Es kommt aber einer, der stärker ist als ich, … Er wird euch mit dem Heiligen Geist und mit Feuer taufen.» Und später erzählt dieses Tagesevangelium wie der Heilige Geist auf Jesus herabkam. Jesus bekam nach dem Lukasevangelium eine Wassertaufe, den Heiligen Geist und ein Wort Gottes zugesagt: «Du bist mein geliebter Sohn.» Interessanterweise spricht Petrus in der heutigen Tageslesung der Apostelgeschichte, nicht von Jesu Taufe, sondern: «wie Gott Jesus von Nazaret gesalbt hat mit dem Heiligen Geist und mit Kraft, …»
Für viele christliche Kirchen und Christ:innen heute ist klar, dass man durch die Taufe Christ wird. Ein kleiner Blick in die Religionen: Im Islam wird man ein Gläubiger, indem man die erste Sure (Al-Fatiha – Die Eröffnende) betet und das Gesagte auch entsprechend bekennt. Grundsätzlich wird ein Kind einer jüdischen Mutter jüdisch. Es gibt Möglichkeiten der Konversion zum Judentum.
Aber wie steht es nun mit der Taufe und deren gegenseitigen Anerkennung unter den unterschiedlichen Konfessionen? Wichtig ist mir persönlich die gegenseitige Anerkennung der Taufe von mehreren Kirchen. Zu nennen sind vor allem die Lima-Erklärung (Peru) von 1982 oder die Magdeburger-Erklärung von 2007. In der Magdeburger-Erklärung steht:
Jesus Christus ist unser Heil. Durch ihn hat Gott die Gottesferne des Sünders überwunden (Römer 5,10), um uns zu Söhnen und Töchtern Gottes zu machen. Als Teilhabe am Geheimnis von Christi Tod und Auferstehung bedeutet die Taufe Neugeburt in Jesus Christus. Wer dieses Sakrament empfängt und im Glauben Gottes Liebe bejaht, wird mit Christus und zugleich mit seinem Volk aller Zeiten und Orte vereint. Als ein Zeichen der Einheit aller Christen verbindet die Taufe mit Jesus Christus, dem Fundament dieser Einheit. Trotz Unterschieden im Verständnis von Kirche besteht zwischen uns ein Grundeinverständnis über die Taufe.
Deshalb erkennen wir jede nach dem Auftrag Jesu im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes mit der Zeichenhandlung des Untertauchens im Wasser bzw. des Übergießens mit Wasser vollzogene Taufe an und freuen uns über jeden Menschen, der getauft wird. Diese wechselseitige Anerkennung der Taufe ist Ausdruck des in Jesus Christus gründenden Bandes der Einheit (Epheser 4,4–6). Die so vollzogene Taufe ist einmalig und unwiederholbar.

Dem Text dieser Vereinbarung stimmten zu:
• Römisch-katholische Kirche im Bereich der Deutschen Bischofskonferenz
• Evangelische Kirche in Deutschland
• Orthodoxe Kirche in Deutschland
• Evangelisch-methodistische Kirche
• Selbständige Evangelisch-Lutherische Kirche
• Armenisch-Apostolische Orthodoxe Kirche in Deutschland
• Katholisches Bistum der Alt-Katholiken in Deutschland
• Äthiopisch-Orthodoxe Kirche in Deutschland
• Evangelisch-altreformierte Kirche in Niedersachsen
• Evangelische Brüder-Unität – Herrnhuter Brüdergemeinde
• Arbeitsgemeinschaft Anglikanisch-Episkopaler Gemeinden in Deutschland
Liebe getaufte Christen und Christinnen, das war nun die kirchen-theologische Sicht auf Taufe und Christsein. Ich selber will niemandem das Christsein absprechen. Und so, wenn mir jemand sagt, er oder sie sei Christ:in, dann ist dem für mich so.
Die Taufe – auch meine eigene Taufe als Säugling – halte ich hoch und sehe darin vor allem die Aufnahme in die Gemeinschaft der römisch-katholische Kirche, verbunden mit anderen Kirchen. Für mein Christsein, vielleicht besser für meine Jesusnachfolge bemühe ich mich jeden Tag wieder neu.
Meine eigene Taufe sagt mir vor allem, dass Gott und meine Familie ja gesagt haben zu mir. Und das ist schön. Und als gefirmter Christ ist mir dabei wichtig, meinen Glauben verantwortungsbewusst zu leben und stets offen für neue göttliche Initiativen zu bleiben.