Mauern zur Abgrenzung

Gedanken nach einem Interview

„Ach, ist denn hier das Tor offen?“ ist ein Gedanke, der mir hier in Rapperswil manchmal durch den Kopf geht, wenn sich wieder einige Touristen bei uns im Klostergarten verirrt haben. Gleichzeitig ärgere ich mich manchmal, dass es um das Kloster herum hohe Mauern gibt – was sicher nicht im Geist eines Franz von Assisi ist. Am Liebsten hätte ich diese früher Niedergerissen. Manchmal habe ich mich innerlich auch über die Schweizerische Eigenart der Eigenheimbesitzer mokiert, die um ihr weniges Land noch einen Haag bauen und sich so abgrenzen.

In den letzten Tagen war ein Kantonsschüler auf Besuch. Er wollte mehr wissen zum Thema „Analyse der verschiedenen Arten von Abgrenzung aus der Gesellschaft „. Fürs Erste ist es ja nicht das, was Kapuziner wollen. Die Klöster stehen stets in der Nähe der Stadt, damit der Austausch und die Begegnung mit den BürgerInnen gut möglich ist. Trotzdem ist da eine mächtige und eindrucksvolle Mauer, welche übrigens im Unterhalt nicht immer sehr billig ist.

Nach dem Gespräch hatte ich mich ein wenig versöhnt mit der Mauer ums Kloster. Es ist mir klar geworden, wie wichtig in unserer Gesellschaft die Abgrenzung ist. Selbst wenn wir eine Niederlassung in einem Hochhaus in Bern Betlehem hätten – viele Brüder wissen, dass ich davon träume – dann würden wir die Türe verriegeln, dass sich keine Touristen und Co. in unserer Privatsphäre tummeln könnten. Wären wir in einer etwas edleren und reicheren Gegend, dann wäre nicht nur die Wohnungstüre, sondern auch schon die Haustüre verriegelt. Dies nicht einmal mit bösartigen Gedanken, sondern einfach zum Schutz der eigenen Intimität.

Ich selber war noch nie in Kanada. Doch da sollen übrigens die Haustüren nicht geschlossen, sondern offen sein – aber Türen gibt es trotzdem. Ob da die Kapuziner keine Mauern um ihre Niederlassungen haben?

Vision und Realität – Mit Liib und Seel

Luzern, Jesuitenkirche, MittWortsMusik, Predigt

„Videte manus meas“ wird die Choralschola als nächstes Stück singen.

„Seht meine Hände und meine Füße an: Ich bin es selbst. Fasst mich doch an und begreift: Kein Geist hat Fleisch und Knochen, wie ihr es bei mir seht“,

lesen wir im Lukasevangelium (24,39). Stellen Sie sich diese Szene einmal plastisch vor. Da steht der Auferstandene mit den Wundmalen des Kreuzes vor ihnen; mit Leib und Seele, in Fleisch und Blut. Ein Gekreuzigter ersteht also mit den Marterwunden des Kreuzes; jemand mit einem Auto-Unfall mit all den Unfall-Wunden; ein dementer Mann mit 104 Jahren ersteht als Dementer von 104 Jahren und – das kennen wir ja aus den Filmen – ein geköpfter Ritter ersteht mit dem Kopf unter dem linken Arm. Ist das Auferstehung? Nein, eine solche Vorstellung ginge nicht auf. Weiter.

„Liebhaber“ der Frauen

Brief

Wenn man sich in der Öffentlichkeit zu aktuellen Themen äussert, dann löst das manchmal einiges aus. So habe ich in den vergangenen Tagen einige Emails erhalten, die auf eine Äusserung von mir in der Luzerner Zeitung reagieren. Darin wird mir gedankt für meine Aussagen. Einen Brief, der Empörung ausdrückt, wurde mir auch geschrieben. Darin steht unter anderem: „Dass Sie als „Liebhaber“ der Frauen gelten, ist zwar publik, doch übersehen sie bewusst, welche Stellung den Frauen schon jetzt in der Kirche zukommen.“ Vom ersten Teil dieses Satzes fühle ich mich ziemlich geschmeichelt. Dabei gibt es nur einen kleinen Hacken: Das Urteil ist von einem Mann geschrieben. Das hätte ich lieber von Frauen gehört.

Ach ja, ich schätze ja Evangelii Gaudium (Nr, 104) von Papst Franziskus. Frauen und Männer gelten in der Ebene der Heiligkeit und der Würde gleich. Probleme habe ich jedoch mit der Ebene der Funktion, d.h. der priesterliche Vollmacht – Achtung das Priestertum wird nur als Funktion verstanden! Hier gilt leider noch ein Unterschied, der nach meiner Meinung möglichst bald überwunden werden muss.

 

Spirituelle Oasen

Buch, Weisheiten aus der Wüste

Buchcover «Weisheiten aus der Wüste»
Buchcover «Weisheiten aus der Wüste»

Liebe WebseitenbesucherInnen,
in den letzten Tagen wurde mein Buch «Weisheiten aus der Wüste, Spirituelle Oasen für das 21. Jahrhundert» gedruckt. In den Online-Buchhandlungen habe ich es schon gefunden. Bald sollte es auch an der Pforte im Kloster Rapperswil zu erwerben sein. Die Texte sind den regelmässigen BesucherInnen meiner Webseite bekannt – die Texte vom forumKirche habe ich hier jeweils online gestellt. Nun kann man sie also in gesammelter Form geniessen, so hoffe ich. Allen wünsche ich eine bereichernde Lektüre.

Taschenbuch: 64 Seiten
Verlag: Fromm Verlag (8. April 2014)
Sprache: Deutsch
ISBN-10: 3841603076
ISBN-13: 978-3841603074
Größe: 15 × 0,4 × 22 cm

ITE 2014/2: Papst Franziskus

Löst Maria ihm die Knoten?

Der neue Bischof von Rom fasziniert. Er ist nun ein Jahr im Amt. So ist es höchste Zeit, dass sich ite etwas näher und fundierter mit Papst Franziskus auseinandersetzt. Begegnet ist mir in den Vorbereitungen zu dieser Ausgabe vor allem ein Mensch mit einem motivierenden Stil und auch ein Kirchenmann, der zuhören kann und enorm dialogfähig zu sein scheint. Wenn wir von Papst Benedikt vor allem theologische Werke kennen, so gibt es bei Papst Franziskus viele Interviews und Gespräche, die zu studieren sich lohnen.

Und wie im franziskanischen Kontext üblich, gibt es zum neuen Bischof von Rom witzige Fioretti (franziskanischer Anekdotenstil) zu hören. Wie schon bei Franz von Assisi ist man bei solchen Geschichten nicht wirklich sicher, ob sie sich auch so abgespielt haben. Doch sagen sie bestimmt einiges über Franziskus, sei es nun derjenige von Assisi oder auch von Rom, aus. So ist mir aus dem Umkreis der Schweizergarde folgende Erzählung zugetragen worden:

Papst Franziskus residiert nicht in den päpstlichen Gemächern, sondern im vatikanischen Gästehaus. Da haben die Gardisten die Aufgabe, den Papst zu bewachen oder manchmal, wenn er den Kopf zur Türe hinausstreckt, einen Kaffee zu holen. Das Frühstück isst der neue Bischof von Rom nicht gerne alleine. So setzt er sich jeweils zu einem Menschen hin und beginnt mit ihm zu sprechen. Dabei, so wird erzählt, sei folgende Begegnung beobachtet worden:

Papst Franziskus habe sich eines Morgens vis-à-vis von einem Erzbischof hingesetzt und das Gespräch auf das Frauenpriestertum gelenkt. Was der Erzbischof davon denke, habe er seinen Tischnachbarn gefragt. Dieser verstummte und wusste nicht wirklich, was er mit dieser Frage machen solle. Nach einer Weile Stille habe Franziskus gesagt: «Ja, ja, meine beiden Vorgänger haben uns die Türe dazu geschlossen.» Dann habe er gelacht und gemeint: «Zum Glück habe ich die Schlüssel dazu.»

 

… So habe ich im Edito von Ite 2014/2 geschrieben. Hier geht es zu meinem Grundsatzartikel für diese Ite-Ausgabe: Knoten sachte und aufmerksam lösen; Zum neuen Stil aus Rom. Hier zum Interview mit Mauro Jöhri, dem Generalminister der weltweiten Kapuzinerfamilie.