Wertschätzung und Zeichen

Predigt vom 19. Dezember 2021 zu Lk 1,39-45

Liebe Brüder, liebe Schwestern

Begegnungen prägen unser Leben und können Ausdruck von unserem Glauben und unserer Nächstenliebe sein. Spezielle Begegnungen werden auch als Gott gegeben, oder sogar als Gottesbegegnung wahrgenommen. Franz von Assisi erzählt in seinem Testament:

«Es kam mir sehr bitter vor, Aussätzige zu sehen. Und der Herr selber hat mich unter die Aussätzigen geführt, und ich habe ihnen Barmherzigkeit erwiesen. Und da ich fortging von ihnen, wurde mir das, was mir bitter vorkam in Süssigkeit der Seele und des Leibes verwandelt». Test 1b-3a

Sowohl bei Franziskus wie auch bei Maria und Elisabeth geschieht Begegnung nicht irgendwie im Kopf und abstrakt. Nein, sie ist körperlich und sozial wahrnehmbar. Sie geht tiefer und wird auch körperlich wahrgenommen. Sei dies das hüpfende Kind im Bauch der Elisabeth oder sogar der Geschmacks-wandel vom bitter zur Süssigkeit der Seele und des Leibes bei Franziskus.

Vor zwei Monaten war ich an einer Ausbildung für Spitalseelsorger. Clinical Pastoral Training heisst sie. Dabei wurden seelsorgerliche Begleitgespräche aus der Praxis sowie freie Gespräche analysiert. Als Wegweiser wurde mir dabei der Merksatz: Weg von der Blackbox, aber Wertschätzung und Zeichen geben. (2x)

Blackbox: Der Mensch ist kein unbeschriebenes Blatt. Er hat eine Geschichte und Gefühle; Erinnerungen und Stimmungen. Bei einem schlechten Bauchgefühl helfen Argumente meist wenig. Vordergründig scheinen Meinungsverschieden-heiten oft sachliche Fragen zu betreffen. Aber der andere – dann gerne als Sturkopf wahrgenommen – muss mit seinen Gefühlen, Überzeugungen und Ängsten wahrgenommen werden. Er ist ein soziales Wesen aus Fleisch und Blut, kein Computer und kein Roboter. Weg von der Blackbox heisst hier tiefer sehen und den ganzen Menschen wahrnehmen. Mit Herz und Sinnen, Erinnerungen.

Bei der Begegnung von Maria und Elisabeth treffen sich keine Blackboxen, sondern Menschen, die sich kennen und sich gegenseitig etwas Wert sind. Der Text spricht von einer grossen Vertrautheit zwischen den beiden Frauen. Maria eilt und kann nicht warten, bei Elisabeth anzukommen, einzutreten und mit Elisabeth ihr Mutterglück zu teilen. Elisabeth spürt bei der Begegnung das Kind hüpfen in ihrem Bauch und ruft mit lauter Stimme. Wie viel Körperlichkeit hier mit der Begegnung und mit dem heiligen Geist in Verbindung gebracht wird, lässt staunen. Gott bewegt konkret. Mit Fleisch und Blut.

Wertschätzung und Zeichen geben ist der zweite Schritt in der Begegnung. Den anderen also nicht nur wahrnehmen, sondern auch segnen, wie es Beispielsweise Elisabeth mit Maria macht und sie so wertschätzt. Sie schweigt nicht und denkt Gutes, sondern Elisabeth bringt Gefühle auch im Ruf akustisch zum Ausdruck. Im Testament schreibt Franziskus von «Barmherzigkeit erweisen». Das meint hier nicht, den Armen mit Geld oder Gütern abspeisen, sondern die Aussätzigen körperlich wahrnehmen und pflegen, mit ihnen Kontakt pflegen. Sie wertschätzen, sich ihrer anzunehmen.

Vielleicht ist bei diesem Thema auch daran zu erinnern, dass das Schwyzer Kloster heute so zentral, nahe der Kirche liegt, weil die Kapuziner während der Pest in Schwyz sich auch um die Pestkranken verdient gemacht hatten und darum in die Stadt hinein geholt wurden. Sie hatten nicht nur gebetet und gepredigt, sondern sie hatten sich pflegend eingesetzt. Auf der Tafel dort steht unter anderem zu lesen: «Hier ruht in Gott Michael Angelus Meyer … im Rufe der Heiligkeit als Opfer des Pestkrankendienstes vom Klösterli St. Joseph in diese Kirche übertragen …» Und von nicht ungefähr betont der ehemalige Schweizer General der Kapuziner weltweit, Mauro Jöhri, dass die Kapuziner in den Anfängen dank der Pflege bei den Menschen beliebt wurden. Nicht als Kopfmenschen, sondern als Brüder der Nächstenliebe und der Pflege.

Elisabeth und Maria, aber auch Franz von Assisi sowie Michael Angelus Meyer haben es uns vorgelebt: Weg von der Blackbox, aber Wertschätzung und Zeichen geben. (2x) Und auch heute noch wird das unser Christsein prägen und gestalten. Vielleicht ist dieser Merksatz eine weitere Formulierung für den manchmal etwas abgegriffenen Begriff «Nächstenliebe»: Dem konkreten Menschen in meiner Nähe ein Gesicht geben, seine Gefühle und Bedürfnisse wahrnehmen und ihm Wertschätzung und Zeichen zukommen lassen, das wünsche und rate ich uns immer wieder neu. Amen.

Predigt zu Christkönig

Die «ökumenischen Novembergespräche Schwyz» hatten den Titel «Komische Zeit». Ja, wir leben in spannenden und aufregenden, aber auch belastenden Tagen. Nicht nur für einzelne, sondern auch sozial und politisch ist da einiges durcheinandergeraten. Denken wir neben Burnout und Mobbing an die Corona-Pandemie und ihre Auswirkungen. Dabei ist es nicht mehr nur das Virus, das uns mit seiner Bedrohung auf Trab hält, sondern auch die daraus entstandenen sozialen Konflikte. Impfgegner und Impfbefürworter können teilweise nicht mehr miteinander reden. Freundschaften und Familien zerbrechen, auch da, wo man das nie erwartet oder geahnt hätte.

Dann tönt mir immer noch Glasgow in den Ohren nach. Jeder und jede versucht sich da möglichst gut darzustellen, denn die Grenzen der Natur sind den meisten von uns einsichtig. Hier sind die Leugner eher etwas verstummt. Aber die Fragen sind sehr komplex und wir selbst möchten ja möglichst so weiterleben wie bisher – oder vielleicht noch etwas besser. Es sollen doch die anderen mit Einschränkungen beginnen. Wir geben uns doch zumindest etwas Mühe und tun dies oder jenes. Wir investieren ja einiges an Geld für grüne Technologien. Aber Mutter Erde wird trotzdem kränker und kränker.

Und dann haben wir jetzt November, erleben die kurzen und dunklen Tage, das Absterben und das Ruhen der Natur. Auch ist es die Zeit, da wir unserer Endlichkeit bewusst werden. Liebe Menschen sterben und sind nicht mehr da. Der Theologe Fulbert Steffensky ermunterte an den «ökumenischen Novembergesprächen Schwyz» zum «Mut zur Endlichkeit». Auch persönlich werden wir uns unserer Grenzen bewusst, bis hin zum Sterben. Und die Statistiken zeigen leider, dass die meisten von uns erst nach einer längeren Leidens- und Sterbezeit davon erlöst werden. Triste Gefühle werden da wach.

Ja, eine komische Zeit, in der wir leben. Wo kommt Hoffnung her? Und da wünsche ich mir, dass die nächtliche Vision im Buch Daniel Wirklichkeit würde: «Alle Völker, Nationen und Sprachen dienten ihm. Seine Herrschaft ist eine ewige, unvergängliche Herrschaft. Sein Reich geht niemals unter» (Dan. 7,14). Welch eine Vision. Was für eine Hoffnung! Welche Kraft! Komm lieber Gott, mache Ordnung auf dieser deiner Erde und sei barmherzig; so schreit mein Herz. Zeige dich in dieser komischen Zeit. Doch, ich schaue um mich und sehe viele Fragwürdigkeiten, Krankheiten, Überforderungen, Angst, Grenzen.

Vor 2000 Jahren hat Jesus von Nazareth gelebt und uns nach unserem Glauben das Leben, Erlösung gebracht. Wo ist er und sein Reich Gottes geblieben? Das Kirchenjahr schlägt uns heute am Christkönigssonntag die Begegnung von Jesus mit Pilatus zum Betrachten vor. Wie im römischen Reich üblich, darf der Angeklagte vor dem Richter, dem Regierenden zu seinem Fall Stellung beziehen. Der Vorwurf an Jesus ist der Anspruch «König der Juden» zu sein. (Joh. 18,33-37) Und als solcher würde Jesus die römische Macht in Palästina gefährden und nach römischem Recht zum Tod verurteilt werden. In der Hoffnung des alttestamentlichen Buches Daniel würde die Machtübernahme Jesu eine ewige, unvergängliche Herrschaft Gottes bedeuten. Pilatus müsste sich vor Jesus wirklich fürchten und abdanken. Denn seine Macht wäre dahin.

Jesus von Nazareth gibt Entschärfung. «Mein Königtum ist nicht von dieser Welt», sagt er, und «Ich bin dazu geboren und dazu in die Welt gekommen, dass ich für die Wahrheit Zeugnis ablege». Daniels Hoffnung, dass der Menschensohn die Welt auf den Kopf stellt und alles mit Gewalt ordnet, das können wir vergessen. Es wäre schön gewesen, heute eine durchschlagende Lösung zu haben. Diese gibt Gott uns nicht. Doch können wir das Reich Gottes auch nicht nur einfach in eine ferne Zukunft verbannen, wie das der Prophet Daniel konnte. Jesus Christus lebt und hat die Welt erlöst. So die österliche Botschaft vor bald zweitausend Jahren. Jesus sagt dem Pilatus, er lege für die Wahrheit Zeugnis ab. Übrigens eine Wahrheit, die wir hörend auf seine Stimme, auf sein Wort und Tun erleben und erfahren können: «Jeder, der aus der Wahrheit ist, hört auf meine Stimme».

Wie ist nun das Königtum Jesu im Heute zu verstehen und vor allem zu leben? Seine Engel oder sogar Armeen ruft Jesus auch heute nicht. «Wahrheit» ist das Stichwort, welches uns der Evangelist Johannes schenkt. Es ist dies eine Wahr-heit, die auf Beziehung mit Jesus, auf Vertrauen in Gott setzt. Eine Wahrheit, die davon ausgeht, dass wir Hörende werden. Hörend auf Jesu Stimme, vielleicht so hörend auf die Natur, hörend auf Menschen; friedfertig und gewaltlos, ehrlich und authentisch, glaubwürdig wie Jesus selber es war. Und wenn ich auf die «ökumenischen Novembergespräche Schwyz» höre, dann muss ich als Mensch nicht perfekt sein, gut sein genügt; ich darf mutig zu meiner Endlichkeit und zu meinen Grenzen stehen, aufmerksam im hier und jetzt leben und handeln. Dies tat auch Jesus von Nazareth in der Begegnung mit Pilatus. Keine grossen Worte und Machtbekundungen. Zuhören, schweigen und das wichtige sagen und tun. Eben, Wahrheit leben in all meiner Menschlichkeit. Amen.

Familiengeschichten

Vom 16. bis 30. November bin ich bei der Zürcher Telebibel mit Josef, Jakob und seinen Söhnen aus dem alttestamentlichen Buch Genesis unterwegs. Eifersucht und Geltungsdrang zerstören die Familienharmonie. Die Bibel erzählt diese Geschichte mit vielen und feinen Nuancen. Hier können die Beiträge gehört werden. Viel Vergnügen.

Editorial ITE 2021/5

Offene, freudige Kinderaugen, das ist ein Bild für Weihnachten. Beim Wandern eine Eselin zu sehen, erinnert mich an Weihnachten. Aber auch eine schöne bereichernde Überraschung im Alltag verbinde ich mit Weihnachten. Und erleben wir dies in unserem Alltag, dann empfinden wir vielleicht einen heiligen Schauer, ein innerliches Jauchzen, dankbar und glücklich.
«… jeder Tag ein wenig Weihnachten», so lautet der Untertitel dieser ITE-Ausgabe. Auch Mutter Teresa hat sich von Weihnachten bewegen lassen, wenn sie sagt: «Jeder Tag ist Weihnachten auf der Erde, jedes Mal, wenn einer dem anderen seine Liebe schenkt, wenn Herzen Glück empfinden, ist Weihnachten, dann steigt Gott wieder vom Himmel herab und bringt das Licht.» Liebe Leserin, lieber Leser, wie würde Ihr «Weihnachtssatz» aussehen? Oder würden Sie lieber zu einem Bild greifen?
Weihnachten spielt mit Stimmungen und greift das Licht in der Dunkelheit auf, den grünen Tannenbaum im kahlen Laubwald, das schutzlose Kind in der kalten Welt. Es sind dies Grundstimmungen, die alle Menschen prägen und Christen mit dem Menschwerden Gottes in Verbindung bringen, dem hilflosen Kind in der ärmlichen Futterkrippe, das der ganzen Welt Hoffnung bringt und in den Erzählungen Heerscharen von Engeln vom Himmel zur Erde kommen lässt. Und dann stehen da die Hirten und über ihnen frohlocken die Engel. Licht, Liebe, Gerechtigkeit und Frieden sollen werden und uns erfüllen.
«… jeder Tag ein wenig Weihnachten», war die Ursprungsidee unserer Redaktion für diese Weihnachtsnummer. Nicht vergessen haben wir dabei jedoch auch «Gott wurde Mensch», einer von uns und solidarisch mit uns. Dabei wird er von Maria und Josef ernährt. Er ist von zwei Menschen abhängig und auf Fürsorge und Liebe angewiesen. Wenn der eine oder andere Text Sie weihnächtlich verzaubert, Licht, Freude sowie Hoffnung in Ihren Alltag bringt – selbst wenn dieser nicht nur lichtvoll ist –, dann ist Weihnachten geworden. Frohe Weihnachten und Gottes menschliche Nähe, dies wünsche ich Ihnen in den kommenden Wochen.

Seid fröhlich in der Hoffnung

Der Missionskalender 2022 der Schweizer Kapuziner ist erschienen …

Der praktische Wandkalender mit Angabe der Tagesheiligen für die Feier von Namenstagen, mit wunderbaren Bildern und Bibelzitaten sowie viel Platz für Ihre Termine ist wieder da. «Seid fröhlich in der Hoffnung», steht im Römerbrief 12,12. Und dieser Satz ist das Motto für die Bilder und Texte im 2022.

Lachende Gesichter stecken an und stellen auf. Und oft geschieht es dann, dass es mir selbst wohl im Herzen wird und die Menschen mir zumindest ein Lächeln entlocken. Hoffentlich kann Ihnen auch dieser Missionskalender der Schweizer Kapuziner im kommenden Jahr stets neu ein Lächeln entlocken. Lassen Sie sich von der Freude und der Hoffnung verzaubern.

Gratis-Missionskalender bei: Missionsprokura Schweizer Kapuziner | Postfach 1017 | 4601 Olten | Tel: 062 212 77 70 | Weiter

Eine befreiende und eine lebensbejahende Theologie

Obersee Nachrichten, 17. Juni 2021, Michel Wassner, Frontseite:
Insgesamt knapp zwei Jahrzehnte lebte Bruder Adrian im Kapuzinerkloster Rapperswil. Nun zieht er weiter – nach Schwyz. Es gefällt ihm am Zürichsee, ganz klar. Er wird die Region vermissen, bestimmt. Aber für einen Kapuziner-Bruder gehören Ortswechsel einfach dazu. Die Jahre am Obersee waren- für ihn eine Zeit der Erfahrungenund Begegnungen. Immerhin handelt es sich in der Rosenstadt um ein offenes Kloster. Man lebt mit Freiwilligen zusammen. Jetzt jedenfalls blickt er nach vorne und freut sich darauf, wieder mehr Zeit zu habenfür seine Leidenschaft – das Schreiben. Seite7

«Ich bin ein fröhlicher Mensch»

Mit Bruder Adrian verlässt ein «Urgestein» des Kapuziner-Klosters Rapperswil den Obersee in Richtung Schwyz. In seinen knapp zwei Jahrzehnten hat sich viel getan. Von einem, der die Region auch ein wenig vermissen wird.

Insgesamt 18 Jahre verbrachte Bruder Adrian im Kapuziner-Kloster Rapperswil. Nun zieht er weiter. Bei seinem Orden ist das so üblich. Gefallen hat es ihm sehr gut am Obersee. Innerhalb der Klostermauern und ausserhalb. «Ich liebe das Wandern, die Wälder, kenne fast jeden Weg in der Region.» Dass er sehr naturverbunden ist, erzählt der 56-Jährige beim Gespräch vor traumhafter Zürichsee-Kulisse im Klostergarten, rundherum allerlei selbst gezüchtetes Gemüse vom Klostergärtner. Die Wirkungsstätte der Kapuziner in der Rosenstadt ist speziell. Sie führen seit 1992 ein offenes Kloster, leben mit Freiwilligen zusammen, mit Menschen unterschiedlicher Konfessionen und Religionen, die sich einfach ein wenig zurückziehen, am Klosterleben teilhaben und mithelfen möchten. Ein Konzept, das Bruder Adrian zwar nicht initiiert, aber lange Zeit begleitet und mit weiterentwickelt hat. Innerhalb des Ordens, erklärt er, werde alles in Gemeinschaft umgesetzt, Entscheide fallen nach Mehrheiten. «Die Orden sind, wenn man so will, die demokratischen Inseln innerhalb der katholischen Kirche.»

Unter Brüdern

Offenes Kloster, wechselnde Gäste, viel Arbeit. «In Rapperswil müssen wir uns um die Besucher kümmern. Das ist eine schöne Tätigkeit, aber ich möchte jetzt wieder weniger betreuen und mehr schreiben.» Denn, das muss man wissen, sein Herz schlägt auch für den Journalismus. Anfangs sind die Gäste jeweils noch länger geblieben, ab 2001 wurden es mehr Wochengäste. Seit 2008 gibt es ausserdem das Kloster-Cafe. Alles Dinge, die Bruder Adrian mitgetragen hat. Natürlich sei so ein Gästebetrieb anspruchsvoll. «Immerhin kommen jede Woche bis zu acht neue Leute zu uns. Aber insgesamt eine positive Erfahrung.» A propos Erfahrung: Bruder Adrian, sind Sie eigentlich ein glücklicher Mensch? «Ja, das bin ich. Ich geniesse mein Leben und bin ein fröhlicher Mensch.» Das merkt man auch im Gespräch. Soll er sich selbst beschreiben, wählt er die Adjektive neugierig, überlegt, organisiert. Nicht die schlechtesten Eigenschaften für einen Mönch. Wobei Adrian das Wort Bruder bevorzugt. Er sagt: «Genau genommen sind wir kein Mönchs- sondern ein Brüder-Orden.»

Menschen begleiten

Der Begriff deutet es bereits an: Entscheidet man sich, Kapuziner zu werden, fällt die Wahl auf ein Leben in Gemeinschaft. Genau das richtige für Bruder Adrian. Zweifel hatte er keine. Wobei er betont: «Man darf nicht vergessen: Die Eintrittsphase in den Kapuziner-Orden dauert neun Jahre. Da hat man genug Zeit, sich das gut zu überlegen.» Er war damals 26 und hatte bereits einige Schicksalsschläge hinter sich, den Verlust geliebter Menschen erlebt. Sein Glaube aber ging ihm nicht verloren. Es gebe Positives und Negatives im Umgang mit dem Tod, sagt er. «Vor 30 Jahren habe ich im Kloster Schwyz auf einer Pflegestation gearbeitet für alte Brüder. Einen von ihnen pflegte ich bis zuletzt. Es war eine bereichernde Zeit.» Er spricht von Erfahrungen, die dem eigenen Leben mehr Tiefe geben und das Gott-Ver-trauen stärken. Auch an seinem zukünftigen Wirkungsort Schwyz wird er deshalb wieder Menschen auf den letzten Metern begleiten.

Ein kritischer Geist

Was Bruder Adrian selbst auch weiterhin begleiten wird, sind Nussstängeli. Die liebt er. «Das Wichtigste ist, dass sie knackig sind», sagt er mit einem Lachen. Ebenso angetan haben es ihm das Fotografieren und das Schreiben. Gute Voraussetzungen für einen Redaktor, der unter anderem für die Kapuziner-Zeitschrift «ITE» Texte verfasst und für seinen eigenen Blog. Ebenso von Vorteil: ein offener Geist. Ja, er würde sich schon auf der Reform-orientierten Seite innerhalb der Katholischen Kirche sehen. «Ich bin für Demokratie, vertrete eine offene Theologie. Das passt auch zum Orden. Die Schweizer Kapuziner gelten als vergleichsweise progressiv.» Daher gibt es Dinge, die er durchaus kritisch sieht und auch benennt. «Klar ist, dass wir einen Entscheidungsstau in der Katholischen Kirche erleben. Andererseits muss man auch anerkennen, dass sich innerhalb der letzten 30 Jahre einiges getan hat.» Doch grosse Herausforderungen, die gebe es nach wie vor. Bruder Adrian spricht ruhig, überlegt, positiv. Vor allem wenn es um seine Theologie geht. Es sei dies eine befreiende, eine lebensbejahende, getragen von Liebe und Barmherzigkeit. Zu Heilsversprechen im Jenseits sagt er – und das nicht ohne Schmunzeln: «Ich verwende gerne das Bild eines Schmetterlings. Wir sind wie die Raupen. Über dieses Stadium kann ich dementsprechend viel erzählen.» Und danach? «Das weiss ich natürlich auch nicht. Ich kenne nur den Beginn der Verpuppungsphase. Auf unser Schmetterlingsdasein bin ich ja gespannt!» Überraschend offen, erfri-schend.

Als Kapuziner zieht man weiter

Erfrischend und einfach ist auch das Bild, das er verwendet, um die Wahl seines Ordens zu erklären. «Ich wurde Kapuziner, weil ich da hin-gehöre. Wie ein Fisch ins Wasser.» Sagt’s und deutet auf den Zürichsee. Doch die Kapuziner sind eben ein Weltorden. Deshalb gehören Ortswechsel für die Brüder einfach dazu. «Und auch ich wollte diese Veränderung.» Nächster Halt: das Kloster Schwyz. Ein Unbekannter ist Bruder Adrian dort nicht. «Ich bin vielen Brüdern bereits begegnet. Ich freue mich sehr darauf, sie wiederzusehen.» Im Kantons-Hauptort erwarten den 56-Jährigen auch neue Aufgaben. Und besonders wichtig: «Ich werde wieder mehr Zeit für meine Tätigkeit als Redaktor haben.» Natürlich freut er sich zudem auf die zahlreichen Wanderwege im Inneren der Schweiz. Aber Hand aufs Herz: Werden Sie Rapperswil dennoch vermissen? Der Bruder wählt die Worte sorgfältig. «Ich kann mir durchaus vorstellen, dass ein wenig Wehmut aufkommen wird, wenn ich die Region verlasse. Aber die Zeit ist einfach reif.» Mit Blick auf den strahlenden Zürichsee merkt man es schon: Bruder Adrian weiss, was er zurücklässt. Doch er freut sich auf Neues.

Michel Wassner

Ps: Ab dem 9. September gilt:

Br. Adrian Müller
Kapuzinerkloster
Herrengasse 33
Postfach 353
6431 Schwyz

Weisheit des Salomo

Vom 16.-31. Mai 2021 bin ich wieder bei der Telebibel Zürich zu hören. Dabei wollte ich mal das Thema Weisheit aufgreifen. Und in der Bibel ist es König Salomo, der in diesem Zusammenhang oft genannt wird. Das erste Buch der Könige sowie die zweite Chronik aus dem Alten Testament erzählen uns von Salomo. Im Neuen Testament sind es die Evangelisten Matthäus und Lukas, die auf Salomo Bezug nehmen. Spannend. Hier geht es zur Homepage der Telebibel.

Vom 16.-30. November habe ich im Sinn mit der Josephs-Geschichte auf den Weg zu gehen.